Am Wildbachberg – aus einem Traum wurden drei Traumhäuser

Kunst & Handwerk. Wie ein weststeirisches Paar seinen Traum vom eigenen Weinkeller in drei Traumhäuser verwandelt hat. Und wie Rosa, Franzl und Seppl im Alter Neues wagen – und damit Urlaubern eine Auszeit bieten, die alle Sinne stimuliert.

Franzl, Rosa und Seppl pflegen eine ganz besondere Dreiecksbeziehung. Charakterstark sind sie alle drei, haben eigene Ansichten, eigene Aussichten. Und doch gehören sie fix zusammen. Ja, schier unzertrennlich stehen sie da und erwecken wie drei jung gebliebene Senioren auf den Hügeln des Schilcherlandes den Anschein, als sei das schon seit Jahrhunderten so. „Dabei waren wir nur auf der Suche nach einem passenden Weinkeller für unsere Naturweine“, lacht Günter Krainer und blickt mit einer weststeirischen Mischung aus Stolz und Freude auf das Werk, das seine Frau Johanna und er in mühe- und kunstvoller Arbeit geschaffen haben. Hier, „Am Wildbachberg“, verwandelten die Glaskünstlerin und der Banker, Bauer und leidenschaftliche Handwerker ein kleines Gehöft mit 300 Jahre altem Kellergewölbe in ein Kleinod für Urlauber, die eine etwas andere Auszeit erleben wollen. Eben weil die drei Häuser mit den Namen „Franzl“, „Rosa“ und „Seppl“ weder moderne Chalets noch typische Ferienhäuser sein wollen.

Aus zwei wurden drei

Zwischen Deutschlandsberg und Bad Gams unaufdringlich an den Hang geschmiegt, standen hier mit freiem Blick auf die pittoreske Wolfgangikirche bis vor drei Jahren aber nur zwei Gebäude: „Franzl“, das Haupthaus, und „Rosa“, das einst als Nebenhaus auch dem Borstenvieh (daher der Name) als Herberge diente und nun, völlig runderneuert, zur Hauptdarstellerin für kunstaffine Gäste wurde. „Der Seppl, das war Ninas Idee, denn auf ihren Plänen tauchte plötzlich ein drittes Haus auf“, erzählen Günter und Johanna Krainer und richten den Blick mit durchschimmernder Dankbarkeit auf Nina ­Kuess. Die junge Architektin und Ziviltechnikerin aus Lieboch befand, „dass ein weiteres kleines Haus aus zwei Einzelgebäuden ein harmonisches Hofgefüge machen würde“. Also machte man sich auf die Suche nach einem dritten Haus im Bunde.

Reisefreudiger Troadkasten

Dank seines hemdsärmeligen Zugangs – „Ideen umsetzen statt alles zerdenken“ – hatte Günter Krainer flugs die Lösung parat: in Form eines jahrhundertealten Troadkastens, dem ein gewisser Hang zur Reisefreudigkeit nicht abzusprechen ist. Die kleine Holzscheune, die einst als Getreidelager diente, entdeckte Krainer in Edelschrott und ließ sie „in einem Stück“ per Tieflader zum Wildbachberg kutschieren. „Dabei stand der Troadkasten ursprünglich sogar in Kärnten.“ Künftig soll der Reiselustige, der nun den Namen „Seppl“ trägt, ebenso reisefreudigen Gästen als außergewöhnliche Bettstatt mit allem technischen Schnickschnack, den Urlauber heute erwarten, dienen.

Schon seit Sommer 2023 sind die anderen beiden Häuser aus dem Dreierbund im Dienst. „Franzl“ bietet bis zu vier Gästen Platz – in spektakulärem Ambiente mit offenem Wohnraum über zwei Stockwerke, frei schwebender Stiege mit Stahlwangen und Treppenholz, das aus dem Boden des Troadkastens gewonnen wurde. „Rosa“ bietet einen offenen Wohn-Schlaf-Bereich mit Freiblick von der Badewanne auf die weststeirischen Berge und ist vollgespickt mit Glaskunstwerken, die Hausherrin Johanna in ihrer nahen Glasmanufaktur Rosenhof geschaffen hat. Raffiniert: Hinter der vermeintlichen Eichenkastentür verbirgt sich, nur zwei Handgriffe entfernt, eine kleine Küche. „So ist nach dem Kochen schnell zusammengeräumt. Einfach Kastentür zu“, freuen sich Johanna und Architektin Nina Kuess über eine von vielen Lösungen, „die im Laufe des Bauprozesses einfach durch gemeinsames Reden entstanden sind“.

Dem Licht beim Malen helfen

Ein anderes Detail, das die kunstvolle Hand(werker)schrift des Paares trägt, ist entlang der Fassaden für alle sichtbar wie eine Signatur: Statt bloß ein Lärchenbrett neben das andere zu montieren, schnitzten Johanna und Günter mit der Wasserstrahlmaschine aus der eigenen Glaswerkstatt Muster und Ornamente in die Holzelemente, die Nina Kuess als verschiebbare Balkonabtrennung, aber auch als Verkleidung für unaufdringliche Zubau-Elemente eingesetzt hat. „Es ist wunderschön, wenn diese Muster bei Sonnenschein auch im Inneren der Häuser zu sehen sind“, freuen sich die Hausleute. Oder abends, wenn umgekehrt das Licht die Formen und Muster von innen nach außen trägt.

Bei der Wahl der Baustoffe setzt die auf Revitalisierung spezialisierte Architektin seit jeher auf natürliche Materialien. Damit stieß sie bei Johanna und Günter, die beide auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, natürlich auf fruchtbaren Boden. Praktisch das gesamte Gesteinsmaterial stammt vom Stainzer Gneis aus der Nachbarschaft, die alten roten Ziegel haben in ihrem früheren Leben schon anderen Steirerinnen und Steirern als Dach gedient.

Wir empfangen alle Gäste persönlich, zum Frühstück gibt es selbst gemachtes Gebäck und sonntags Kaiserschmarren.

Johanna und Günter Krainer

Ohne Schweiß keine Schweißnaht

Dazwischen sorgen gekalkte Wände und geschliffener Beton für Abwechslung. „Das alte Holz haben wir aus vielen Teilen des Landes zusammengetragen“, erzählt Günter Krainer, dem es neben seinem Brotberuf als Bankvorstand und seinem Nebenerwerbsbauernhof in St. Stefan ob Stainz auch hier auf der Baustelle beim Schweißen den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. „Ohne so viel Eigenleistung hätten wir das nie umsetzen können“, verhehlt Günter Krainer nicht, „dass nicht immer alles so einfach war“. Doch das Ergebnis – einige der Gäste haben schon einen Folgeurlaub gebucht – lässt manch Müh vergessen.

Bis zur Frühstücks-Semmel alles selbst gemacht

Bei der Betreuung der meist sich nach Ruhe sehnenden Urlaubsgäste setzt man am Wildbachberg auf Persönliches und Selbstgemachtes. „Wir empfangen alle Gäste persönlich, zum Frühstück gibt es selbst gemachtes Gebäck und sonntags Kaiserschmarren“, erzählt Johanna Krainer, die einst als Röntgenassistentin tätig war und heute „Franzl“, „Rosa“ und „Seppl“ hegt und pflegt. Dabei hat sie im März 2021 das Anwesen selbst gar nicht gesehen, als ihr Mann es gekauft hat. Doch Günter Krainer hatte damals schon ein gutes Argument parat: „Ich sagte: ‚Wenn die Vorbesitzerin hier 100 Jahre alt geworden ist, dann muss das ein Kraftplatz sein.‘“ Diese Beweisführung ist gelungen.

www.kuess.cc

www.amwildbachberg.at

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