© René Strasser
Fotos: René Strasser
Oregano ist nicht Oregano, es gibt „falschen“ Pfeffer und Safran passt zu Gin: ein paar der Erkenntnisse, die wir von unserem Besuch bei „Van den Berg“ mitgenommen haben. Das Gewürzhaus liegt unweit der Annenstraße, unscheinbar in einem Hinterhof einer Seitengasse. Das hat seinen Grund: „Ich möchte viel Intensität und ehrliche Leidenschaft – bei meinen Produkten, aber auch bei meinen Kunden. Wenn ich schnell viele Kunden möchte, hätte ich das Geschäft in der Herrengasse eröffnet“, erklärt Hausherr Oswald Held. Ohne zu wissen, warum, ist die Atmosphäre im Haus herrlich! Die Stimmung ist beruhigend, es duftet wunderbar, angenehme Musik ertönt aus den nicht zu lauten Lautsprechern. Hier geht es um so viel mehr als um Gewürze. Schon gar nicht geht es um Verkaufszahlen oder eine Menge Kunden – und das, obwohl Oswald Held aus der Wirtschaft kommt und sein Leben lang auf Zahlen und Umsätze fixiert war. „Ich möchte nur 1-a-Ware bei mir anbieten, das ist mein Anspruch an das Produkt, aber auch an mich selbst. Hier geht es um eine Leidenschaft – es ist ein Herzensprojekt“, sagt er. Also ganz nach dem Motto „G’scheit oder gar nicht“. Darum scheut er 2018 keine Kosten und Mühen, ein einzigartiges Konzept und eine noch einzigartigere Location zu entwickeln.
Die Gewürzmanufaktur wurde 2018 ins Leben gerufen. Die Vorfahren Oswalds waren Seefahrer holländischer und java-indonesischer Herkunft und tief im Gewürzmarkt des 19. und 20. Jahrhunderts involviert. Diese Leidenschaft in der Familie lebt auch heute noch weiter – und zwar mit größten Ansprüchen. So wie damals eben, denn Oswald erzählt uns von seinen Vorfahren und den Märkten im Nahen und Fernen Osten. Dort ist alles direkt von „Mutter Natur“ und nicht gestreckt. Woher Oswald das weiß? Weil er vor Ort ist, denn der Chef höchstpersönlich widmet sich mit großer Hingabe dem Einkauf von Gewürzen und reist dabei um die ganze Welt. „Ich lege höchsten Wert darauf, dass unsere Kunden nur Top-Waren aus dem Ursprungsland bekommen. Darum wollen wir auch so vielen Bauern und Gegenden wie möglich einen Besuch abstatten, bevor wir Waren beziehen“, erzählt uns Oswald und zeigt uns dabei Bilder seinen letzten Entdeckungsreisen in der Sahara sowie in Albanien.
Schließlich ist es so weit und wir betreten das duftende „Herz“ des Geschäfts. Im Schau- und Verkaufsraum kommen wir aus dem Staunen und Riechen gar nicht mehr raus. Hier gibt es über unglaubliche 200 Gewürze zu „erriechen“, die alle direkt im Shop für daheim mitgenommen werden können – viel zu viele, um jedes zu probieren, aber dass es hier mehrere Besuche braucht, um jedes Gewürz kennenzulernen, ist offensichtlich. Hier dennoch ein kleiner Einblick: Wir riechen unvergleichlichen wilden Oregano, der mit den bekannten Oregano-Sorten aus dem Supermarkt gar nicht verglichen werden kann, kosten getrocknete Tomatenraspeln, die ideal aufs Butterbrot passen, und probieren uns durch verschiedenste Pfeffer- und Salzsorten. Für uns neu sind die feinen Spirituosen wie Safran-Gin oder den „Van den Berg“-Wermut. Hier arbeitet Oswald mit der vielfach ausgezeichneten Destillerie Krauss zusammen. Und sonst gibt’s auch noch viel. Selektierte Kochbücher, Accessoires für die Küche und Geschenke stehen im Sortiment. So viel – und doch schafft es die Atmosphäre, dass man vor lauter Eindrücken nicht erschlagen wird.
Aber nicht nur Gewürz-Freunde sind bei Van den Berg an der richtigen Adresse – eigentlich ist das jeder. Denn im Haus gibt es neben den vielen oben erwähnten Produkten auch zahlreiche Workshops, Master Classes und Veranstaltungen. Durch seine einzigartige Atmosphäre, die Bar und das Design ist das Gewürzhaus also auch der ideale Ort für Veranstaltungen aller Art – sofern man eine gemütliche Atmosphäre erleben möchte. Vereinzelt sieht man auch ein paar Studenten, die sich im Gewürzhaus niederlassen und in ihren Büchern schmökern. Fast zwei Stunden sind wir bei Van den Berg zu Gast. Wir glauben: völlig normal für einen Besuch bei Oswald Held. Denn es ist so viel mehr als Gewürze und Produkte. Es ist eher eine Reise in den Osten – der Eintritt in eine Welt voller Geschmack.