© Julie Brass
Fotos: Julie Brass
Die erste Frage ist nicht zu recherchieren: Verrätst du uns deinen Namen?
Niemals. Das ist bereits seit Jahren eine immer da gewesene Aufgabe, meine Identität gut geschützt zu halten. Mit Erfolg, wie man sieht! Aber mal Spaß beiseite, ich möchte meinen Namen einfach nicht groß publik machen, um so gut es geht meine Ruhe zu haben – ich möchte mich einfach ganz auf meine Kunst konzentrieren.
Wie kommt ein kleiner Junge aus einer Jäger-Familie zu Farbe aus der Dose?
Da ich schon immer ziemlich kunstbegeistert war, bin ich in Graz auf die Ortweinschule gegangen. Von Anfang an haben mich meine Eltern dabei unterstützt und es war voll in Ordnung für sie, dass ich Grafikdesign dem „Jagern“ vorziehe. So tauchte ich ein ins Großstadtleben und es hat mir sofort gefallen. Typischerweise war ich dann viel im Skatepark unterwegs und kam so die ersten Male in Kontakt mit der Graffiti-Szene. Das war auch ein Weg, zwei große Leidenschaften zu kombinieren – nämlich die Kunst und das Draußensein. Ich bin dann für eine längere Zeit nach Australien und hab dort das erste Mal gesehen, wie wirkliche Graffiti sein können – nämlich riesengroße Gemälde. Mit meinem „Rabbit Eye Movement“ konnte ich dann die ersten Erfolge in der Szene feiern – die ich dann zurück nach Österreich, genauer gesagt nach Wien mitgenommen habe.
Vom „Rabbit Eye Movement“ hast du dich dann recht schnell in Richtung eines, nun ja, nennen wir es mal leicht makabren Stils entwickelt. Wie kam es dazu?
Dadurch, dass mein Papa Jäger war und ich schon in jungen Jahren immer wieder dabei war, wenn er gerade „zerlegt“ hat, war ich schon immer fasziniert von dem Aufbau von Körpern und deren Funktion. Ich habe eine sehr gute Erinnerung an meine Kindheit und da ich immer wieder in diesem Prozess involviert war, weiß ich inzwischen genau, wie der Körper eines Säugetiers aufgebaut ist. Ich möchte es aber nicht makaber nennen – das ist mir zu negativ behaftet. Meine Bilder stellen keine „Schlachtung“ dar, vielmehr sollen sie eine Art Wissen vermitteln. Niemand weiß zum Beispiel genau, wie ein Dinosaurier von innen ausgesehen hat – mit meinen Werken versuche ich so realistisch wie möglich darzustellen, wo Organe und Nerven verlaufen könnten. In meinen Werken geht es also um Leben, nicht um Tod.
Wo ist eigentlich der Punkt, wo aus Vandalismus Kunst wird? Immerhin wird die Graffiti-Szene immer wieder sehr kritisch auseinandergenommen – aber wenn man zum Beispiel deine Kunstwerke betrachtet, kann man nicht von Vandalismus reden.
Das ist ein heikles Thema. Ich würde sagen, es kommt auf die Umstände an. Von einem richtigen Gemälde, das sich über eine ganze Hausmauer zieht, werden weniger Leute von Vandalismus reden, als wenn man in der klassischen Graffiti-Schrift ein Wort quer über eine Mauer schreibt. Es gehört viel Fingerspitzengefühl dazu, wo man sprayt. Ich versteh jeden privaten Hausbesitzer, der sich ärgert, wenn man dort herumschmiert – und da bin ich auch voll auf der Seite der Bewohner, denn „Künstler“, die dort ihr Werk verrichten, bringen andere in Verruf. Ich denke mir dann: „Geh doch zu verlassenen Gebäuden und hauch denen neues Leben ein!“
Wann hast du gemerkt, dass du von deiner Kunst leben kannst?
Ich betreibe neben meiner Graffiti-Kunst mit „Rabbit Eye Movement“ eine Künstleragentur, die auch als Galerie funktioniert. Das bedeutet, dass unsere Crew und ich auch immer wieder für Projekte gebucht werden und unsere Kunst als Auftrag ganz normal „bezahlt“ wird. Außerdem kann man viele meiner Werke auch als Prints in unserem Onlineshop erwerben sowie ein paar ganz nette Accessoires finden. Im Endeffekt mach ich mir aber nichts aus Geld – mir geht es um die Kunst an sich und mir macht einfach Spaß, was wir tun.