Urspünglichkeit erleben

Das Bio-Hotel Feistererhof in Ramsau am Dachstein züchtet und schlachtet seine Tiere selbst.

Urspünglichkeit erleben

Das Bio-Hotel Feistererhof in Ramsau am Dachstein züchtet und schlachtet seine Tiere selbst.

Für manche klingt es makaber: Am Hof vom Bio-Hotel Feistererhof tummeln sich Rinder, Schafe, Schweine, Hühner und Wachteln – und manche davon werden eben noch von den Gästen gestreichelt, um kurz darauf nach der Schlachtung direkt am Hof auf der Speisekarte zu finden zu sein. 5komma5sinne hat bei Christina Simonlehner vom Feistererhof nachgefragt, wie diese Vorgehensweise bei den Menschen ankommt.

Wie ist es dazu gekommen, dass ihr selbst Schlachtungen durchführt?
Christina Simonlehner: Wir haben ja seit Bestehen des Hofes immer schon selbst geschlachtet. Damals haben wir mit dem Fleisch den Bedarf der Familie und der Hofarbeiter gedeckt, in oder nach Weltkriegen hätten wir ohne Bauernhof und Schlachten nicht überleben können. Auch der Bedarf von ein oder zwei Hofgästen aus der Stadt, die einfach nur zur Sommerfrische am Hof waren, wurde so gedeckt. Um 1951, mit Vergrößerung des Hofes im Bereich „Fremdenzimmer“, begann die Schlachtung in etwas größerem Rahmen, damit auch der Bedarf der Hotelgäste abgedeckt werden konnte.

Kommt es für euch nicht infrage, das Fleisch einfach zuzukaufen?
Christina Simonlehner: Natürlich gibt es mittlerweile auch sehr hochwertiges Frischfleisch in Großmärkten. Wir wollen aber die Hofschlachtung beibehalten, weil es einerseits für die Tiere stressfrei ist. Zum anderen entstehen keine Emissionen bei Transporten und es ist einfach nachhaltiger, wenn wir weiterhin direkt am Hof schlachten und verarbeiten. Auch wenn es jetzt für manche makaber klingen mag: Auch für das Tier ist es besser. Es wird in keinen Transporter verladen, sondern darf in Ruhe und stressfrei aus der Welt gehen.

© Photography Anna Ullrich

Gibt es negatives Feedback von euren Gästen, weil das Thema Schlachtungen dadurch ja doch etwas präsenter ist?
Christina Simonlehner:Das Feedback von unseren Gästefragebögen ist mehrheitlich positiv, die Leute wissen es also zu schätzen, dass wir die Tiere am eigenen Hof verarbeiten. Aber das war nicht immer so. Ob Corona das Bewusstsein vieler Gäste verändert hat, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Vor 3 Jahren hatten wir neben Fleisch auch ein veganes Menü bei unserem Abendmenü im Rahmen der Halbpension. Durch die Gäste, die wir aufgrund dieses Angebotes im Hotel hatten, kam es vermehrt zu negativem Feedback, was das Schlachten der eigenen Tiere betrifft. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass die Kuhhaltung aufgrund ihrer „Mistproduktion“ schlecht für die Umwelt ist. Mein Bruder Matthias hat nach der letzten „veganen“ Saison die Küche übernommen und legt sehr viel Wert auf traditionelle Küche. Alte Rezepte, Innereien und auch eine vegetarische Küche. Und so ist ein neuer „Mix“ beim Menü entstanden. Halt nicht vegan. Bei unserem Social-Media-Auftritt versuchen wir – nach 2 Shitstorms –, das Thema sensibler anzugehen. Weil einfach auch Menschen mitlesen, die uns nicht wirklich kennen und nie selbst gesehen haben, dass wir wirklich so sind, wie wir es kommunizieren.

Ihr seid ein Bio-Bauernhof. Ist eure gesamte Kulinarik bio?
Christina Simonlehner:Wir sind nicht 100 % bio. Das hat viel mit so mancher Vorschrift zu tun. Wir haben den Stiererhof in der Nachbarschaft, der sehr guten Forellen und Saiblinge züchtet, aber nicht mit dem Bio-Siegel. Somit müssten wir Bio-Fisch von woanders beziehen, damit wir die Bio-Richtlinie erfüllen. Viele Gäste haben oft negativ angemerkt, dass der Fisch nicht aus der Region stammt. Wild ist auch so ein Thema. Richtiges Wild kann nie bio sein. Außer es ist ein Gehege-Wild. Und da kommt dann wieder die Frage: Wild aus dem Feisterer Kar (hinter dem Hotel) oder zugekauftes Bio-Wild aus dem Gehege? Milchprodukte, Gebäck, Obst, Gemüse und Weine sind bei uns bio. Hin und wieder erhalten wir Obst oder Gemüse, das woanders schon „abgeschrieben“ wird, weil es nicht mehr makellos ist. Wir nehmen das, auch wenn es mal nicht bio ist (solange es aus Österreich kommt). Bio an sich ist aus unserer Sicht auch eine „Konsumation ohne Reste“. Tomaten mit braunem Fleck sind zwar nicht für einen Salat geeignet, aber in der Suppe oder Soße immer noch gut aufgehoben. Ob sie dann 100 % bio ist, ist dann zweitrangig.

Infos zum Hotel unter feistererhof.at

© Photography Anna Ullrich
© Photography Anna Ullrich
© Photography Anna Ullrich
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