Eurofighter-Pilot Patrick Wöss im Interview

Der Wahlsteirer Patrick Wöss ist einer von 15 Eurofighter-Piloten in ganz Österreich. Vom Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg startet er mehrmals in der Woche mit 160.000 PS in die Lüfte. Er weiß, wie sich g-Kräfte am Körper anfühlen, und lebt das, was unsereiner meist nur aus Erzählungen kennt: den Traum vom Fliegen

Eurofighter-Pilot Patrick Wöss im Interview

Der Wahlsteirer Patrick Wöss ist einer von 15 Eurofighter-Piloten in ganz Österreich. Vom Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg startet er mehrmals in der Woche mit 160.000 PS in die Lüfte. Er weiß, wie sich g-Kräfte am Körper anfühlen, und lebt das, was unsereiner meist nur aus Erzählungen kennt: den Traum vom Fliegen

Wann wurdest du dazu inspiriert, Jetpilot zu werden?
Das klingt vielleicht etwas kitschig, aber es war – so erzählt das mein Papa – genau so: Ich war mit meiner Familie am Natio - nalfeiertag bei der Bundesheer-Leistungsschau in Wien. Am Heldenplatz hatte ich die Möglichkeit, mit einem Hubschrauberpiloten zu sprechen, und genau dann war der Wunsch, Jetpilot beim Bundesheer zu werden, geboren. Da war ich acht Jahre alt. Jetzt bin ich 32 und lebe meinen Traum.

Seit wann bist du offiziell als Eurofighter-Pilot im Einsatz?
Ich habe 2014 mit der Ausbildung begonnen. Acht Jahre dauert es, bis wir uns „Eurofighter-Pilot“ nennen dürfen. Diese lange Dauer hat ihre ab - solute Berechtigung. Wir sind da oben komplett auf uns alleine gestellt, es gilt, ein hochdynamisches Environment zu bedienen. Dazu kommt, dass wir Jetpiloten uns zu 100 % auf uns selbst verlassen müssen und in vielen Situationen keinen haben, an den wir uns wenden können. Da geht eine gediegene Ausbildung voran. Angefangen bei der Wetter- und Kraftstoffbeurteilung bis hin zur Flugwegwahl – das Fliegen ist ein Handwerk. Je öfter man es macht, desto besser wird man darin.

Wie oft steigst du in die Lüfte?
Wir haben ein gewisses Pflichtprogramm, das wir Jetpiloten jährlich abfliegen müssen. Aktuell sind es 90 Stunden in der Luft und der Rest erfolgt im Simulator. Der Eurofighter hat ein enorm großes Leistungs - spektrum, er kann in der Luft quasi alles, was man einem Flieger der vierten Generation abverlangen kann. Damit man das alles sicher und effizient fliegen kann, muss man einfach üben. Wir sind dabei zwar immer alleine im Flugzeug, aber wir sind nie alleine unterwegs. Die moderne Jet-Fliegerei besteht immer aus einem Team. Unsere Mission besteht immer aus mindestens zwei Flugzeugen, wo wir zum Beispiel einen Luftkampf simulieren und dadurch eben nie aus der Übung geraten.

Und wie sieht es mit „ernsten“ Einsätzen aus?
Die gibt es natürlich auch. Die Einsatzbereitschaft ist bei uns 365 Tage im Jahr gegeben. Während wir hier sprechen, sitzen zwei Piloten mit der Technik-Crew bei der Arbeit. Ertönt die Sirene, sind diese fähig, den Eurofighter innerhalb von einem einstelligen Minutenbereich in der Luft zu haben. Wir steigen zum Beispiel auf, wenn ein Passagierflugzeug den Funkkontakt zum Tower verliert und somit alle, die im österrei - chischen Luftraum unterwegs sind, gefährdet. Oben stellen wir dann einen visuellen Sichtkontakt zum Flugzeug her, schauen uns an, was in der Passagierkabine und im Cockpit los ist. Sobald wir uns sicher sind, dass im Flugzeug nichts Unübliches passiert, machen wir uns beim Piloten bemerkbar und holen den Flieger beim Funk auf Notfrequenz, um den Kontakt zum Tower erneut herstellen zu können. Dann kann der Flieger wieder separiert werden und es besteht keine Gefahr mehr.

 

arrow-next
arrow-prev

Wir haben aber auch Einsätze, wo wir andere Flugzeuge daran hindern, ins österreichische Bundesgebiet einzufliegen, oder Luftraum - sicherungsoperationen wie die, als in Davos das Weltwirtschaftsforum stattfand. Da waren wir ständig in der Luft. Ernste, oder wie wir sie nennen, „scharfe“ Einsätze haben wir ungefähr einmal pro Woche und im Schnitt 50 Mal im Jahr. Wir benötigen ab dem Zeitpunkt vom Lösen der Bremse ungefähr acht Sekunden, bis wir in der Luft sind. 22 Sekunden sind es bis zum Überschall. Die Kunst des Eurofighter-Fliegens ist übrigens, den Flieger im Unterschallbereich zu halten.

Sind die Eurofighter-Piloten auch in anderen Bundesländern stationiert oder spielt sich alles nur hier in Zeltweg in der Steiermark ab?
Alle 15 Eurofighter-Piloten sind hier in Zeltweg stationiert. Zeltweg ist nicht nur top ausgestattet, was die Gegebenheiten des Österreichischen Bundesheers betrifft, auch geografisch passt das. Wir sind sehr schnell an den Grenzen unserer Republik und wir haben auch den großen Vorteil, dass sich die „Schober-Area“, unser Hauptübungsraum, direkt über dem Murtal befindet. Sie reicht zwar von Kärnten bis nach Oberösterreich, aber wir müssen mit dem Flieger nur gerade aufsteigen und sind da. In der Kaserne in Zeltweg sind übrigens knapp 1.000 Mitarbeiter tätig!

Welche Eigenschaften sind es, die man braucht, um dieses berufliche Elite-Level zu erlangen?
Wir haben alle unsere Ecken und Kanten – das Gesamtpaket muss einfach passen. Natürlich muss man einen gewissen Grundstock an Leistung erbringen, aber unmöglich ist eine Aufnahme in die Ausbildung zum Jetpiloten für niemanden. Neben körperlichen Checks von einem Facharzt, wo unter anderem alle Organe untersucht werden, gibt’s auch ein einwöchiges psychologisches Assessment und beim letzten Aufnahmeverfahren werden die fliegerischen Fähigkeiten auf Herz und Nieren überprüft, das dauert zehn Wochen. Es muss sehr viel passen, aber im Grunde sind auch wir Eurofighter-Piloten ganz normale Leute, die sich einfach für diesen Lebensweg entschieden haben.

Und wie wichtig ist die körperliche Fitness dabei?
Fit zu sein ist zwar ein Vorteil, aber nicht so wichtig wie eine gute Form im sensomotorischen Bereich. Am Beispiel der Wirbelsäule kann man das ganz gut erklären: Die vielen kleinen Muskeln am Rückgrat stabilisieren den Körper. Wenn wir anziehen, erzeugt der Eurofighter bis zu neun g. Das heißt, mein Körpergewicht plus Ausrüstung wird neun Mal so schwer. Bei mir ist es dann ungefähr eine Tonne. Und das muss der Körper stemmen – innerhalb von unter einer Sekunde! Die kleinen Muskeln merken, dass etwas anders ist, und stabilisieren. Wir haben einen eigenen Trainer und spezielle Geräte, die uns dabei helfen, in dieser Hinsicht fit zu bleiben. Achten wir Jetpiloten nicht darauf, sind Bandscheibenvorfälle die schwerwiegenden Folgen.

Was hast du bei deinem ersten Eurofighter-Flug gefühlt?
Daran kann ich mich noch ganz gut erinnern, das war in Rostock, am Ende meiner Ausbildung. Nach so vielen Jahren des Darauf-Hinarbeitens, dieses Ding selbst zu fliegen, ist man natürlich ein bisschen nervös. Doch wenn der Jet anfängt, sich zu bewegen, und man die Kraft der Triebwerke spürt, ist das ein unglaublich geniales Gefühl! Der Lebenstraum ging endlich in Erfüllung, volle Freiheit.

 

arrow-next
arrow-prev
5komma5sinne Logo